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Mängelrüge: So zeigen Sie Mängel rechtssicher an

Ein Bauwerk wurde erstellt, vollendet, abgeliefert und vom Besteller in Gebrauch genommen. Es zeigen sich Mängel, welche der Besteller nicht hinnehmen will.

04.03.2022 Von: Matthias Streiff
Mängelrüge

Wesen einer Mängelrüge

Eine Mängelrüge ist eine Gestaltungserklärung des Bestellers. Er zeigt dem Unternehmer an, dass das Werk an einem Mangel leidet, den er nicht hinnehmen will.

Inhalt einer Mängelrüge

Die Mängelrüge handelt vom Werkmangel. Sie hat folglich den oder die erkannten Mängel zu beschreiben und damit zu konkretisieren. Aus der Mängelrüge muss exakt ablesbar sein, welche Baustelle, welches Bauwerk und welcher Bauteil betroffen sind. Eine generelle Bemerkung, ein Bauwerk sei mangelhaft, genügt diesem Erfordernis in keiner Weise.

Eine Beschreibung des Mangels ist erforderlich (Symptome), jedoch keine Beschreibung der Ursache oder gar der beanstandeten Vertragsabweichung. Es geht um die Wahrnehmung des Bestellers, welche mitgeteilt wird. Ein Gutachten ist nicht erforderlich.

Schliesslich muss die Mängelrüge dem Willen des Bestellers Ausdruck geben, dass er den Unternehmer für den erkannten Mangel haftbar macht. Ob der Besteller Nachbesserung oder Minderung oder Schadenersatz fordert, muss in der Mängelrüge nicht festgehalten werden. Die aus einem Mangel resultierende Forderung kann später gestellt werden.

Frist, Form und Adressat einer Mängelrüge

Die Frage nach der Rechtzeitigkeit einer Mängelrüge ist differenziert zu betrachten. Mängel können während der Bauphase, bei der Übergabe (Abnahme) oder erst nach der Ingebrauchnahme erkannt werden. Die Frist einer Mängelrüge ist je nach Baustadium verschieden.

Ein in der Bauphase erkannter Mangel kann jederzeit gerügt werden, wobei der Besteller eine Mitwirkungs- und Schadenminderungspflicht trifft. Erkennt der Bauherr einen Mangel, den er nicht rügt und der Schaden daraus vergrössert sich, so kann ihn die unterlassene Rüge selber treffen. Schliesslich kann der Besteller seine Rechte aus Art. 366 Abs. 2 OR (Vertragsaufhebung/Ersatzvornahme) nur wahrnehmen, wenn er einen Mangel gerügt hat und die geforderte Nachbesserung ausgeblieben ist.

Die Abnahme eines Werkes dient der gemeinsamen Prüfung. Werden dabei Mängel entdeckt, so werden diese protokolliert. In der Regel geht es dabei um "offene Mängel". Das Protokoll ersetzt die Mängelrüge. Offensichtliche, aber nicht protokollierte (und damit nicht gerügte) Mängel gelten als genehmigt. Wurde ein Mehrfamilienhaus bestellt, aber ein Hotel erstellt, (oder eine blaue Wand bestellt und eine weisse geliefert) so wäre das ein offensichtlicher Mangel. Ohne Rüge wird eine Falschlieferung oder eine mangelhafte Erstellung genehmigt. Die Mangelrüge – in Form der Protokollierung – hat folglich umgehend, während der Abnahme zu erfolgen.

Findet unter Umständen keine gemeinsame Abnahme/Übergabe statt, so hat der Besteller gemäss Art. 367 OR das Werk prompt zu prüfen und erkannte Mängel zu rügen. Das Bundesgericht präzisiert diese prompte Prüfung und spricht generell von einer Wochenfrist (BGer 4A_252/2010). Besondere Umstände können eine längere Prüfungs- und Rügefrist rechtfertigen. Im Februar 2019 qualifizierte das Bundesgericht gar eine Rüge innert 11 Tagen als «sofort» im Sinne des Gesetzes (BGer 4A_399/2018 vom 18. Februar 2019).

Nach Abnahme des Werkes beginnen die Garantie- und Verjährungsfristen. Der Besteller hat später erkannte versteckte Mängel sofort zu rügen, was in Art. 370 Abs. 3 OR festgehalten ist. Verpasst der Besteller die sofortige Rüge, geht er all seiner Mängelrechte verlustig, was allenfalls ins Geld gehen kann. "Sofort" ist eine Mängelrüge gemäss Art. 370 Abs. 3 OR, wenn sie innert längstens sieben, ausnahmsweise innert elf Tagen seit Kenntnisnahme des Mangels erklärt und abgesendet wird (BGer 4A_252/2010; BGer 4A_399/2018). Die Fristauslösende "Kenntnisnahme" muss insofern qualifiziert sein, als eine substantiierte Mängelrüge möglich sein muss.

Gemäss SIA Norm 118 besteht eine Lockerung der Rügefrist in den ersten zwei Jahren nach Abnahme. In dieser "Rügezeit" kann der Besteller entgegen Art. 370 Abs. 3 OR jederzeit einen erkannten Mangel rügen. Die SIA Norm 118 gilt nur, wenn sie von den Parteien als Vertragsbestandteil erhoben wurde.

Die Terminologie zu versteckten Mängeln ist uneinheitlich. Einzelne Autoren sprechen von "geheimen Mängeln" was irritierend ist, da Geheimhaltung kaum je ein Thema ist. Wieder andere sprechen von "verdeckten Mängeln" womit sie auf die nicht einfache Erkennbarkeit hinweisen wollen.

Eine Mängelrüge ist an den mutmasslich verursachenden und verantwortlichen Unternehmer zu richten. Ist keine konkrete Zuordnung möglich, so sind allenfalls mehrere Unternehmer zu rügen. Bei einem Wasserschaden können die Isolation, die Sanitärleitungen wie auch die Heizungsanlage oder Spenglerarbeiten mangelhaft sein oder es kann auch ein Schaden durch den Elektriker oder Bodenleger verursacht worden sein (Bohrlöcher/Fräsarbeiten). Die Mängelrüge erfolgt präventiv. Die Eruierung der Ursache folgt danach. Im Zweifelsfall sind mehrere Unternehmer zu rügen, so dass kein Rechtsverlust eintritt wegen unterlassener Rüge.

Wer eine Mängelrüge mündlich anbringt, trägt das Risiko, dass der Unternehmer diese nicht hört und vergisst, so dass der Besteller vor Gericht den Beweis nicht erbringen kann. Schriftlichkeit und eingeschriebene Post ist für Mängelrügen passend.

Empfehlung

Die Kontrolle eines Bauwerkes hat stets zu erfolgen. Besonders Augenmerk ist bei der gemeinsamen Abnahme geboten.

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